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«Die Identität des Ortes soll erhalten und gestärkt werden»

Bettina Käppeli, Moeri & Partner AG


Die idyllische Lage mitten im Emmental prägt die Gesamterscheinung des Appenbergs massgeblich. Auch künftig kommt der Umgebung daher ein hoher Stellenwert zu. Wie diese gestaltet wird, was bleibt und was neu hinzukommt, erzählt Bettina Käppeli von Moeri & Partner AG, die für die Planung des Gartens und der Umgebung zuständig ist.

Bettina, der Appenberg liegt idyllisch mitten im hügeligen Emmental. Welche Herausforderungen ergeben sich durch das Gelände für die Garten- und Umgebungsplanung?

Bettina Käppeli: Die letzte Eiszeit und der Rückzug des Rhonegletschers haben die heute so charakteristische Hügellandschaft des Emmentals geformt. Unterhalb des damaligen Gletschers hat sich der Bärbach tief in die Nagelfluh eingegraben und das Tal geformt, an dessen Fuss heute die Oberhünigenstrasse verläuft. Der Appenberg liegt an der Flanke einer Moräne der letzten Eiszeit, die vom Aaregletscher geformt wurde. Dies verleiht dem Ort eine einzigartige Lage und eine charakteristische Topografie. Die Gebäude des Appenbergs wurden gezielt an diesen Steilhang platziert und durch drei Terrassen in den Hang eingebettet. Dadurch sind die Gebäude über alle Geschosse zugänglich. Der Appenberg ist über Jahrzehnte organisch gewachsen. Dabei erfüllen viele der bestehenden Strukturen wichtige Funktionen. Diese richtig zu lesen, zu vereinfachen und in ein neues Gestaltungskonzept zu übersetzen, ist eine der Herausforderungen. Eine weitere besteht darin, die vorhandene Geländemodellierung zu respektieren und ein neues Wegenetz anzubieten, das weiterhin alle Geschosse mit dem Aussenraum verbindet. Des Weiteren stellen sich Fragen zu Naturgefahren, der Hangsicherung, zur Oberflächenentwässerung, zur Ausbildung der neuen Mauern sowie zum Bauablauf und zur Baustellenlogistik. 
 

Die bestehenden Wegzugänge werden auf ein Gefälle von maximal zwölf Prozent reduziert. Wie wird dies realisiert?

Die heutigen Wege weisen Gefälle von bis zu 25 Prozent auf. Zukünftig werden die Wege und Rampen zur Überwindung der Höhenunterschiede in Absprache mit procap, der Fachstelle Hindernisfreies Bauen, auf maximal 12 Prozent Gefälle reduziert. Das neue Wegnetz orientiert sich an den bestehenden Verbindungen und besteht aus einem Haupt- und einem Nebenwegesystem. Die Hauptwege pendeln entlang der Höhenlinien und stellen die barrierefreie Erreichbarkeit der vier Hauptterrassen sicher. Das sekundäre Wegenetz besteht aus senkrecht zur Höhenlinie verlaufenden Treppen, die eine schnelle Überwindung der Höhenunterschiede gewährleisten.

 

Der Appenberg ist ein Ort voller Tradition. Wie habt ihr dies in der Planung der Umgebung berücksichtigt?

Der Appenberg besitzt durch die Vielfalt der Bauten, die verwendeten Materialien und die Lage inmitten der Natur- und Kulturlandschaft des Emmentals eine einzigartige Ausstrahlung. Unsere Arbeit zeichnet sich durch eine umfassende Analyse des Ortes und die Recherche historischer Grundlagen aus. Zusammen mit Ortsbegehungen und dem Austausch mit den Betreibern konnten wichtige Schlüsselelemente – darunter der Staudengarten, die Mauersteine, das Natursteinpflaster sowie Sitzbänke – identifiziert werden. In Planungs-Workshops wurde definiert, wie und wo sie neu in das Gesamtkonzept integriert werden können. Durch die geplanten Eingriffe soll die Identität des Ortes erhalten und weiter gestärkt werden, sodass der Appenberg seinen hohen Wiedererkennungswert behält.
 

Der Appenberg vereint Seminar- und Hotelräumlichkeiten, wird also ein Ort des Lernens, aber auch ein Ort des Runterfahrens. Wie spiegelt sich die zweiteilige Nutzung des Areals in seiner Umgebungsgestaltung wider?

Das Gesamtkonzept für den Appenberg sieht unterschiedliche Zonierungen für die zukünftigen Nutzungen vor. Im Zentrum der Anlage entsteht in Verbindung mit dem Hofgebäude ein Ort des Ankommens und der Begegnung, für Gruppenaktivitäten oder Veranstaltungen. Der neue Dorfplatz mit Arena und Terrasse wird zum Anziehungspunkt für Genuss und gesellschaftliche Anlässe. Die Lern-, Erholungs- und Rückzugsorte sind azentrisch in die Umgebung eingebettet. Diese Bereiche sind individuell charakterisiert und nehmen Bezug auf den Kontext der unmittelbaren Umgebung. So befindet sich beispielsweise ein Kräutergarten mit Blick nach Süden entlang des Hangs auf der Südseite. Hinter dem Haupthaus liegt der Waldgarten und weiter nördlich schmiegt sich der Obstgarten an den Hang. Um die einzelnen Gebäude in der Umgebung zu verankern, erhält jedes einen direkt zugeordneten, vorgelagerten Aussenraum. Diese Bereiche ermöglichen die Nutzung der Seminarräume in Verbindung mit dem jeweiligen Aussenraum. Auf diese Weise wird ein starker Bezug zwischen dem Innen- sowie dem Aussenbereich erzeugt.

Worin liegt für euch der grösste Reiz an diesem Projekt?
Für uns liegt der Reiz in der Arbeit im Spannungsfeld zwischen Alt und Neu; einen Ort mit Tradition durch gezielte Massnahmen in die Zukunft zu führen, ohne seinen Geist zu zerstören, und das multidisziplinäre Umfeld der Planungspartner zu nutzen, um gemeinsam massgeschneiderte Lösungen für den Ort zu entwickeln. Die Formulierung der Bedürfnisse der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer, das übergeordnete Verständnis als Erholungsort und als ökologischer Trittstein in einem grösseren Ganzen sowie die Planung als Prozess sind weitere Punkte, die das Projekt so reizvoll machen. Diese unterschiedlichen Aspekte zu vereinen mit dem Ziel, einen langfristig attraktiven Ort zu schaffen, der Emotionen weckt, den gemeinsamen Austausch fördert und das Miteinander stärkt, ist für uns als Landschaftsarchitektinnen und -architekten sehr spannend.

Die Realisierung erfolgt in Absprache mit zahlreichen Partnern. Wodurch wird die Zusammenarbeit geprägt?
Die multidisziplinäre Zusammenarbeit im Gesamtprojektteam erfordert eine hohe Bereitschaft zur kontinuierlichen Abstimmung und konstruktiven Kommunikation. Der ständige Austausch zwischen den verschiedenen beteiligten Disziplinen schafft ein interessantes Spannungsfeld, aus dem immer wieder innovative und gute Lösungen entstehen. 

«Der Appenberg besitzt eine einzigartige Ausstrahlung.»

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An der Gesamtsanierung des Appenbergs sind zahlreiche Partnerinnen und Partner beteiligt. Was ist ihre konkrete Aufgabe? Wodurch wird ihre Arbeit auf dem Appenberg geprägt? Und wie wird das Hoteldorf dereinst daherkommen? In unserer Interview-Serie liefern uns die zentralsten Personen einen Einblick in ihre Aufgabe im Projekt.

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